Samstag, 24. Mai 2014

Wettkampfbericht Ironman Lanzarote - Wie soll man das betiteln ?

Liebe Freunde,

So nun möchte ich Euch meinen Abschlußbericht und meine Eindrücke des Ironman Lanzarote wie versprochen  liefern: man munkelt ja:  Das "brutalste" Rennen überhaupt ?!
Auch 1 Woche danach, habe ich mit diesem Ironman noch nicht abgeschlossen. 

Wo fange ich bloß an ? 

Bei der Vorbereitung ... #2071

Die Vorbereitung lief so gut, dass ich wie in den letzten Berichten geschildert, eine Vorbereitung genossen habe, die einfach für die Jahreszeit der letzten 8 Monate hätte nicht besser sein können. Die sehr professionelle Trainingsbetreuung meines Coach Jonathan rundete das Ganze positiv ab. Verletzungsfrei  (mit kleinen Wehwehchen) reisten Inga und ich dann am 13.05.14 in Puerto del Carmen/Lanzarote an. Was für ein traumhaftes Wetter erwartete uns. Viel Sonne und herrliche Temperaturen, die eine Traumwoche vorher sagten. Aber der starke und sehr tropische Wind flösste mir ein bisschen Respekt ein, so dass ich entschieden hatte, die Ironman-Route vorher noch einmal mit dem Auto ab zu fahren. Die Erinnerungen aus dem Trainingslager 2008 waren doch nur noch schemenhaft vorhanden :-)

Ich sammelte also an den Vortagen meine Kräfte, minimierte das Training auf das Notwendigste und versuchte mich nicht von all meinen aufgedonnerten, euphorischen Mitstreitern und deren Posing anstecken zu lassen. Alles gelang mir, nur die "endorphin-gesteuerte" Vorspannung kam nicht wie sonst wirklich auf. Woran lag das? War ich mir zu selbstsicher? War ich wirklich so gut vorbereitet? Was war anders? Was ... das erfuhr ich erst  am Wettkampftag, dazu aber später mehr. 
Ich war mir doch so sicher, dass ich mein Potential dieses Mal voll abrufen kann?!

Am Freitagnachmittag das Rad in die längste Wechselzone ever eingecheckt, stellte ich fest, dass ich mich über die Wechselzeiten meines dort gestartenten Freundes Frank nicht mehr wundern musste. Vom Wasserausstieg bis zu meinem Wechselplatz Rad waren es bummelige 230 m und dann nochmal 270 m bis zum Verlassen der Wechselzone. Muss man  den "gehobenen" Altersklassen wirklich so viel Laufstrecke antun :-) ? Lanzarote ist halt Lanzarote und nicht umsonst als einer der Härtesten betitelt.

Gut geschlafen, mit einem Frühstück im Magen (bestehend aus Croissants, Kaffee, Nutella, Käse und Bananensaft), latschte ich dann am Samstagmorgen um 05.00 Uhr Richtung Wechselzone. Es war noch stockduster und so bereitete ich mein Bike und mich auf den langen Tag vor. Ich hatte zum Glück, aufgrund der Sonne und Hitze,  den Druck am Vortag aus meinen Reifen gelassen. Andere nicht, so dass viele schon mit einem Platten den Morgen begonnen hatten. 
Danach begab ich mich Richtung Strand, aß noch einen Riegel und begann mich in meinen Neo zu quetschen. Die Dämmerung untermalte die Vorbereitung mit einer totalen Ruhe. Um mich herum füllte sich das "Spielfeld" allmählich, so dass ich mich mit vielen anderen zum Einschwimmen in das noch dunkle Meer begab. Herrliches Baden :-) und wo bleibt bloß die vermissteVorspannung?  Die kam dann endlich , als ich zum Schwimmstart eingecheckt hatte. Eingequetscht im Massenstartfeld hatte ich mich in dem 60-65 Min Bereich eingeordnet und so folgte um 07.10 Uhr  der ersehnte Startschuss. Das Rennen startete etwas verspätet und damit auch die verbundene Hauerei :-) (anzumerken ist, dass den Torbögen zwischenzeitig die Puste ausging und die Starter unter sich begraben hatte). Ich versuchte mich nach dem Wassereinstieg nach außen rechts zu orientieren, um all den Hauereien an der Wellenbrecherleine zu entfliehen. Das hatte soweit gut geklappt, meine Schwimmzeit nach den ersten 1,9 km aber stark nach oben getrieben und mich nach 3,8 km (aber ungeschadet) bei 1:11 Std aus dem Wasser kommen gelassen. Jetzt durch den engen "Laufkanal" entlang der "Frühaufsteher" hoch zum Wechselzelt und mein  Ironman kann jetzt richtig beginnen. Im Zelt war ich immer noch total entspannt und hatte echt Körner gespart. Nun begann die Karawane Richtung Timanfaya, Mirador del Haria und Mirador del Rio aufzubrechen. 
Auflage meines Trainers war es, entgegen meiner Natur nicht zu ballern, sondern mit einer BMP 135/140 bis Kilometer 90 (Famara) locker zu fahren. Das setzte ich auch brav um, musste aber feststellen, dass ich das Gefühl hatte, eine GA1 Trainingsausfahrt zu machen. Noch nicht einmal ein AK 50 - Italiener konnte mich mit seinen Provokationen aus der Reserve locken. So begann ich von AK 50 Platz 65 allmählich meine Stärke einzusetzen und fuhr bis auf Platz 14 vor. Der megastarke Wind hatte immer noch nicht nach gelassen, schüttelte uns von allen Seiten durch und machte den Radsplit zu einer wirklichen Herausforderung. Die dazu noch gefühlten 50 ° gaben vielen Athleten dann schon den Rest. So fuhr ich über die 2550 HM trotz der anspruchsvollen Bedingungen locker rüber, nur hatte ich immer noch das Gefühl nicht voll dabei gewesen zu sein. Ich genoss die Ausblicke von den Miradores und begann bei Kilometer 90 langsam etwas Druck auf die Pedalen zu bringen. Leider war das aufgrund des starken Gegenwindes wohl taktisch etwas zu spät. Radsplit war bis zum Mirador del Rio auf AVG 28,7 km/h gefallen und nun hieß es: GAS geben!  Doch was war mit dem Wind? In den Wind gelegt, begann ich nun meine Stärke auszuspielen, setzte zur Aufholjagd an und machte Druck. Mit einer BPM 90/110 ballerte ich auf Übersetzung 53/11 die Serpentinen mit Tempo 80 kmh runter und sammelte ein. Bei Kilometer 160 stellte ich aber fest, dass ich dem Wind geschuldet, meinen Split in 5:43 Std  nicht mehr packen konnte. Wo war der Italiener? Weg, geplatzt wie viele andere auch ... Das ist Lanza! Mit 06:00:01 Std. fuhr ich in die Wechselzone, und die war fast leer. Tolles Gefühl, langer "Wechselzonenlauf" , Beutel geschnappt, Füße vom letzten Strandsand gesäubert, ging es dann auf den Marathon. Mann, hatte ich ein geiles Gefühl, und fühlte mich tierisch gut: aber wo ist die Spannung? Bei Laufkilometer 1 stellte ich dann fest, dass ich auf Kurs war und diesen wohl auch halten kann. Nur meine Platzierung war mir nicht bekannt! Was ist aber mit meinem linken Fuß? Dieser machte mir schon im letzten Trainingscamp mit der Heeresauswahl zu schaffen und  meldete sich tatsächlich wieder zurück. Egal, weiter geht´s! So lief ich meine erste Runde auch noch ganz ordentlich an und  durch. Kilometer 16, erstes Rundenband und mit einer tollen Moderation der Orgas entlang der Promenade lief ich dann in die zweite Runde. Die lange Steigung kam erneut, Inga  am linken "Spielfeldrand" und der Klang ihrer Stimme in meinem Ohr: Platz 15, und jetzt gib Gas! Gas ? ... ging nicht Fuß kaputt, Hitze und mentales Tief ließen mich wirklich resignieren?! Das wollte ich doch nicht :-) und brauchte das auch nicht ! Dann folgte eigentlich das, was alle Ironmen /-women kennen: Mentales Tief, Bedauerung und die Überlegung des Warum ?! Aber warum konnte ich es heute nicht abrufen? Diese Frage kann ich nicht wirklich beantworten! Lag es an der Ballersonne auf´n Marathon ?? Waren es die leichten Wettkampfschlappen? Keine Ahnung ...
Egal: Am letzten Wendepunkt Kilometer 32 angekommen, sehe ich den wunderschönen MB VITO mit der großen "Clock" auf dem Dach eine 11:23 Std anzeigen. Wenn schon aufgrund aller brutalen Bedingungen mein Traum 2014 geplatzt ist, dann wenigstens mit Anstand ins Ziel und wenigstens noch eine Sub 12. Also, Tri Opa Kai : Hau die Hacken in Teer! oder eher heißen Teer :-). Gesagt getan, machte ich dann eine soldatische Punktlandung auf Finish 11:59:48 Std ( 33. AK 50) und war glücklich mit schmerzendem Fuß die Ziellinie - leider tiefenentspannt- erreicht zu haben. 




Was war das nur für ein "bekloppter" Tag! Kenneth (der Orga) begrüßte mich im Zielbereich mit Handshake, lächelte mich an und sagte: "Kai, I wish you will remember this wonderful day for a long, long time. Here at Lanzarote you have everything what you need for a good Ironman-Feeling: Vulcanos, tropical wind, heat and sun.Congratulations!"



Thank you Kenneth, thank you Lanzarote. Definitely, I will come back to get a  revange :-). You are right !

Eine zweite LD werde ich aber in diesem Jahr doch nicht mehr angehen ... Der IM Barcelona muss warten!

Ich wünsche allen Lesern noch eine gute Restsaison 2014. All meinen Kumpels für die bevorstehenden Ironman´s toi, toi, toi und gute Beine.

DANK

Ich danke allen, die an mich glauben und mein Ziel World Champs Hawaii mit mir tragen :-)

Ein ganz besonderer Dank geht aber an folgende Personen:
meinem Schatz Inga
meinen Kindern
Coach Jonathan
meinem Kommandeur
meinem Kompaniechef
und allen Trainingspartnern der Heeresauswahl und des Tri Team Lüneburg

Jetzt heißt es aber voraus schauen. Nach dem Wettkampf ist vor dem Wettkampf: 
Regenerieren und dann das Training für den Ironman 70.3 WIESBADEN European Championships am 10. Aug 2014 aufnehmen.

Beste Grüße

Kai U.